Orketal

Aus Orke wird Oberorke & Niederorke

Oberorke (299 m über NN.) ist als kleinster Ortsteil der Gemeinde Vöhl im Landkreis Waldeck-Frankenberg als staatlich anerkannten Luftkurort bekannt. Gelegen auf einer Anhöhe im Orketal und umgeben von einer beeindruckenden Berglandschaft, Laub- und Nadelwäldern, wurde das Dorf bereits im Jahr 1016 erstmals als „Orcana“ urkundlich erwähnt. 

Niederorke (265  m über NN.) liegt direkt an der Orke, kurz nach deren Austritt aus der Örkschen Schweiz, auch als Waldeckische Schweiz bekannt. Dieser Ortsteil teilt sich mit Oberorke nicht nur die landschaftliche Schönheit, sondern auch die historische und kulturelle Verbundenheit und Bedeutsamkeit für unserer Region.

Die historischen Anfänge

Ober- und Niederorke feierten im Jahr 2016 das stolze Jubiläum der 1000-jährigen urkundlichen Erwähnung.

Bischof Burchard von Worms übergab seine Güter zu Orke (Orcana), Treisbach (Dreisbahe) und Rockeshausen (wüst zwischen Buchenberg und Ederbringhausen) im Jahr 1016 an das Kloster Nonnenmünster bei Worms. Burchards Schwester war dort Äbtissin und die Einkünfte aus diesen Gütern sollten für die Renovierung des Klosters verwendet werden.

Nach der Ersterwähnung tritt Orke wieder für mehr als 200 Jahre in die Dunkelheit der Geschichte. In einer Urkunde des Klosters Bredelar wird erst wieder im Jahr 1234 ein Ritter Gerhardus von Orkena genannt, der eigentlich nur in einem befestigten Gebäude auf dem Bergsporn nahe der Oberorker Kirche ansässig gewesen sein kann. Wenige Jahre später wird 1242 auch ein Pleban der Kirche in Orke als Zeuge bei der Gründung des Klosters Butzebach bei Sachsenberg erwähnt. Seit dieser Zeit wird Orke regelmäßig genannt.

Interessant ist, dass in einer Urkunde des Klosters Haina aus dem Jahr 1252 explizit „Orke auf dem Berg“ genannt wird. Das impliziert, dass es spätestens seit diesem Zeitpunkt auch ein „Orke im Tal“ gegeben haben muss. Allerdings wird die Mühle in Niederorke erst mehr als 100 Jahre später im Jahr 1383 urkundlich genannt.

Das Orketal im Mittelalter

Man kann sich also durchaus Oberorke und Niederorke als von Anfang an miteinander verbundene und aufeinander bezogene Siedlungen vorstellen, die ihre Funktionen zwischen sich aufteilten. Oberorke mit eher administrativen Aufgaben mit Kirche, Pfarrhaus und Schule und wahrscheinlich auch einem befestigten Haus als Herrensitz, denn nur von der Höhe aus machte die Schutzfunktion Sinn.

Niederorke verkehrsgünstig an der Wäänstraße oder auch Wagenstraße (Mittelalterliche Fernstraße, die Frankfurt mit Bremen und Lübeck verband) gelegen, die hier im Orketal mit einer Furt die Orke querte. Eine feste Brücke aus Stein wurde im Jahr 1723 über die Orke gebaut und erleichterte damit den Orkeübergang ganz erheblich. Schutzfunktion Sinn.

Das Wasser der Orke speiste eine Mahl- und Ölmühle, eine Färberei und eine Pottaschesiederei. Auch die landwirtschaftlichen Voraussetzungen waren in der Aue viel günstiger als auf dem Berg. Wahrscheinlich wurden beide Orke-Dörfer in den zahlreichen Fehden am Ende des 14. Oder 15. Jh. zerstört und fielen wüst. In diesem Zeitraum ist auch die landeshoheitliche Trennung der beiden Ortschaften zu suchen. Schutzfunktion Sinn.

1453 gehörte die Dorfstelle Niederorke zur Herrschaft Itter, während das Gebiet des eventuell noch wüsten Oberorke unangefochten von der waldeckischen Stadt Sachsenberg beansprucht wurde. So berichtet es uns der Grenzzug der Stadt Sachsenberg aus dem Jahr 1453. Beide Ortschaften wurden um 1500 schnell wiederbesiedelt.

Orke in der frühen Neuzeit

Oberorke gehörte nun zum Gericht Viermünden. Niederorke zur Herrschaft Itter und das benachbarte Ederbringhausen zum Amt Hessenstein. Noch im 18. Jahrhundert folgte die Grenze zwischen dem Gericht Viermünden und dem Amt Hessenstein einer geraden Linie, die mitten durch die Oberorker Kirche führte.

An einer Landesgrenze wurde auch Zoll fällig. Der Zoll zu Niederorke wird 1578 erstmals in einer hessischen Amtsrechnung der Herrschaft Itter genannt. 250 Jahre später, spätestens mit der Gründung eines Zollabkommens zwischen Preußen und Hessen-Darmstadt im Jahr 1828 und des Deutschen Zollvereins 1834 fiel diese Zollschranke, die sicherlich vielen Reisenden ein Ärgernis war. Direkt an der Landesgrenze gelegen, war Niederorke ein geeigneter Marktflecken.

Folgerichtig erhielt der Ort im Jahr 1801 Marktrecht. Alljährlich wurden zwei Märkte, namentlich den ersten auf den zweiten Mittwoch nach Pfingsten, den zweiten auf den ersten Mittwoch nach Laurentiustag (10. August) als Vieh- und Krämermarkt abgehalten. Der Markt wurde bis in die 1880er-Jahre betrieben und kamen dann zum Erliegen. Durch bessere Straßenanbindungen scheinen die Märkte in Frankenberg und Bad Arolsen dem Niederorker Markt den Rang abgelaufen zu haben.

Die unterschiedliche landeshoheitliche Zugehörigkeit der beiden Ortschaften hatte 1866/67 ein Ende. Im Deutsch-Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich ging Preußen unangefochten als Sieger hervor und annektierte das bis dahin souveräne Kurfürstentum Hessen, das im Krieg an der Seite Österreichs stand. Auch das Großherzogtum Hessen musste 3 Millionen Gulden an Preußen zahlen und das hessische Hinterland mit dem Kreis Vöhl – und dazu gehörte auch Niederorke – an Preußen abtreten. Nun waren Ober- und Niederorke wieder in einem Staat – dem Königreich Preußen – vereint.

Bodecks Grab

Carl Freiherr von Bodeck stammt aus einem uralten protestantischen Adelsgeschlecht aus Antwerpen, die als Glaubensflüchtlinge 1585 nach Frankfurt kamen und dort zu einer reichen Bankiersfamilie aufstiegen.

Carl Freiherr von Bodeck aus Bromskirchen war einst Besitzer des Hofes Treisbach. Er war mit Marie Wilhelmine Karoline Luise Schenk zu Schweinsberg verheiratet, verstarb aber bereits 32-jährig am 28. März 1839 und wurde im Herzberg begraben. Sein Grabmal liegt ganz versteckt, fern ab von Wanderwegen.

Hotel Freund

Alles begann mit dem Ackermann Daniel Pfingst, der im Jahr 1880 seine ersten zaghaften Schritte als Gastronom unternahm. Auf seinem Hof bewirtet er in einem winzigen Gastraum, an gerade einmal drei Tischen, die ersten Gäste. Nebenbei betrieb er einen Kolonialwarenhandel und verkaufte sein eigenes Brunnenwasser, welches auch heute noch an Hausgäste ausgeschenkt wird.

1896 wechselte der Hof in den Besitz der Familie Freund. Kurze Zeit später fiel das Anwesen mit „Gastwirtschaft zur Orke“ einem Brand zum Opfer, wurde aber schnell wieder aufgebaut und beherbergte nun auch eine kleine Pension. Im Jahr 1950 verfügte die kleine Pension über lediglich 2 Zimmer und wurde erstmals unter dem Namen „Freund“ geführt. Seit dieser Zeit wird die Pension ständig weiterentwickelt und modernisiert. Bald kam ein Gestüt mit Finnpferden hinzu, so dass auch Reiterferien mit angeboten werden konnten. Der Reiterhof Freund war geboren.

In den 1980er Jahren entwickelte sich der Reiterhof zu einem Sport- und Wellnesshotel. Heute ist das Hotel Freund mit 75 stilvoll und individuell eingerichteten Zimmern und Suiten sowie einem modernen SPA-Bereich eines der touristischen Aushängeschilder in der Nationalparkgemeinde Vöhl.

Aus dem kleinen Gasthaus im Jahr 1880 ist heute das „FREUND – Das Hotel und SPA Resort“ geworden. Das über mehrere Generationen in Familienhand geführte Hotel wechselte nach 125 Jahren seinen Besitzer und gehört seit dem 1. April 2021 in die Gruppe der Privathotels Dr. Lohbeck.

Orkebrücken

Eine erste feste Steinbrücke über die Orke wurde im Jahr 1723 gebaut. 1858 baute man dann eine neue Steinbrücke mit Bohlenbelag und einem Geländer aus Eisengittern. Die Baukosten beliefen sich damals auf 1675 Gulden. Diese alte Brücke musste 1984 für den Verkehr gesperrt werden. Sie wurde 1988 abgerissen und durch eine neue Betonbrücke ersetzt.

1956/57 erhielt Niederorke eine Umgehungsstraße. Dazu war der Bau einer weiteren, größeren und tragfähigeren Orkebrücke notwendig.

Verwaltungsbezirk - Oberorke

  • 1016: Hessengau (in pago Hassia situm)
  • 1393 und 1577: Gericht Viermünden
  • 1577: Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Frankenberg-Wolkersdorf, Gericht Viermünden
  • 1585: Landgrafschaft Hessen-Marburg, Herrschaft Itter
  • 1604: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Herrschaft Itter
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Oberhessen, Amt Frankenberg
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Oberhessen, Amt Frankenberg
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Werradépartement, Distrikt Marburg, Kanton Frankenau
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Oberhessen, Amt Frankenberg
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Frankenberg
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Frankenberg
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Frankenberg
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Frankenberg
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Frankenberg
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg
 

Verwaltungsbezirk - Niederorke

  • 1587: Landgrafschaft Hessen-Marburg, Herrschaft Itter
  • 1604: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Herrschaft Itter
  • 1648/50: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Herrschaft Itter
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Amt Herrschaft Itter
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Itter
  • 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Herrschaft Itter
  • 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Vöhl
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Biedenkopf
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Vöhl
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Frankenberg (bis 1886 noch als Amtsbezirk/Verwaltungsamt Vöhl)
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Frankenberg
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Frankenberg
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg
  •