Thalitter

Heimat der Herren von Itter ...

Thalitter (312 m über NN), ein malerisches Dorf im ehemaligen Ittergau des Landkreises Waldeck-Frankenberg, steht in direkter Verbindung zu den historisch bedeutenden Herren von Itter. Dieses edelfreie Adelsgeschlecht, welches in verschiedenen Linien seit dem 11. Jahrhundert in der Region verankert war, prägte die Geschichte und das kulturelle Erbe der Gegend. Die Übertragung ihres Besitzes an das Kloster Corvey im 12. Jahrhundert und die damit verbundenen Veränderungen im Territorium spiegeln die tiefgreifenden historischen Verflechtungen wider, die Thalitter und die Herren von Itter miteinander teilen.

Die historischen Anfänge

Am Fuße der 1126 erstmals urkundlich genannten Itterburg entstand im Laufe der Jahrhunderte auf der linken Itterseite in einem engen Taleinschnitt eine Ansiedlung, deren älteste Gebäude die 1350 gebaute Kapelle der Herren von Itter (die heutige Bergkirche) und die 1353 genannte Mühle an der Itter sind. Der Name Thalitter (Valle Ittere) tritt erstmals 1368 als Unterscheidung zum Hauptort Itter (Dorfitter) urkundlich in das Licht der Geschichte.

Thalitter erlebte in seiner wechselvollen Geschichte zwei Blütezeiten.

1. Blütezeit von Thalitter bis 1356

Zu diesem Zeitpunkt war Thalitter urkundlich noch gar nicht in Erscheinung getreten. Allerdings residierten die Herren von Itter auf der Itterburg und herrschten über ein Gebiet, das heute in etwa mit der Nationalparkgemeinde Vöhl gleichzusetzen ist. Aber auch Höringhausen, Eimelrod mit Hemmighausen und Deisfeld sowie Altenlotheim gehörten dazu. Hinzu kamen noch eine Vielzahl von Rechten und Gerechtigkeiten in anderen Ortschaften, zumeist im Westfälischen. Zu Beginn des 14 Jh. erreichten die Herren von Itter ihre größte Machtfülle und stellten sogar von 1310 – 1321 mit Dietrich (Theodericus) von Itter den Bischof des Bistums Paderborn.

Durch einen Verwandtenmord im Hause Itter (1356 oder 1357) verloren die Herren von Itter ihre Herrschaftsansprüche. Ihre Besitztümer wurden unter den mächtigen Nachbarn Hessen und Mainz aufgeteilt.

2. Blütezeit von 1709 bis 1866

In diesen gut 150 Jahren blühte rund um Itter ein ertragreiches Kupferbergwerk. Münzmeister Ludwig Balthasar Müller aus Hanau wurde vom Landgrafen von Hessen-Darmstadt 1709 zum Berginspektor und 1719 zum Oberberginspektor ernannt. Er bezog Wohnung in dem herrschaftlichen Meierhof mit seinem ab 1670 gebauten Herrschaftshaus, in dem auch von 1715 bis 1721 das Bergamt eingerichtet war.

Anschließend wurde das Bergamt in einen benachbarten Neubau verlegt, der 1974 abgerissen wurde und von dem noch die Kellergewölbe erhalten sind. Das Bergamt zog 1776 erneut um in das benachbarte eigens zu diesem Zweck gebaute Steinhaus.

Mit dem Kupferbergbau änderte sich das Erscheinungsbild des Ortes dramatisch. Aus dem landwirtschaftlich und handwerklich geprägten Dorf auf der linken Itterseite wurde ein Industrieort, der sich auf der rechten Itterseite ausdehnte. 1712 entstand auf dem Gelände der heutigen Gärtnerei Weber eine Kupferhütte und am Hang des Lorberges ab 1718 in drei Häuserreihen eine Bergmannsiedlung, die Bergfreiheit.

Landwirtschaft war aufgrund der Eingriffe durch den Bergbau nur noch eingeschränkt möglich und fast alle Bewohner gerieten in wirtschaftliche Abhängigkeit zum Kupferbergwerk.

Das Bergwerk blühte bis 1866/67. Aus Rentabilitätsgründen wurde der Betrieb von der nun preußischen Regierung eingestellt. Viele Bergleute wanderten in andere Bergbaureviere ab. Heute zeugen noch viele montanhistorische Relikte von dieser prägenden Blütezeit, die ab 1715 erbaute Bergkirche, die Kirche der Bergknappen, ist eines von ihnen.

Thalitter in der heutigen Zeit

Thalitter hat sich heute zu einer Wohngemeinde entwickelt. Der Anschluss an die modernen Verkehrswege Straße und Bahn ist für Thalitter genau wie die Bergbaublütezeit Ortsbild prägend. Seit 1980 wird das Dorf durch die Brücke der Bundesstraße B 252 in zwei Hälften geteilt und für die Streckenführung der Bahnlinie (link) mussten bei Thalitter zwei Tunnels gebaut werden, von denen einer kurz vor der Haltestelle Thalitter endet/beginnt.

Im Zuge der Gebietsreform 1971 fusionierten die bis dahin selbständigen Gemeinden Dorfitter, Herzhausen und Thalitter zur Gemeinde Ittertal, um am 1. Januar 1974 in der Großgemeinde Vöhl (heute: „Nationalparkgemeinde Vöhl“) aufzugehen. Heute (30.06.2021) wohnen 307 Menschen in dem idyllischen Ort an der Itter.

Bahnlinie

Thalitter wurde am 1. Mai 1900 an das moderne Bahnnetz Warburg-Sarnau angeschlossen und erhielt einen eigenen Bahnhof, der sich auf halber Strecke zwischen den Ortschaften Thal- und Dorfitter befindet. Aus Rentabilitätsgründen wurde der Personenverkehr am 30. Mai 1987 nach 87 Jahren aber eingestellt. Am 1. Juni 1991 folgte auch die Einstellung des Güterverkehrs.

20 Jahre später standen die Zeichen auf Reaktivierung der Bahnstrecke. Nachdem der Kreistag des Landkreises Waldeck-Frankenberg am 17. September 2011 für die Reaktivierung der Bahnstrecke stimmte und zusagte, sich mit gut drei Millionen Euro an den Kosten zu beteiligen, war die Wiederaufnahme des Verkehrs der „Nationalparkbahn“ endgültig beschlossene Sache.

In der Ortslage von Thalitter wurde eine neue Haltestelle gebaut. Das 1899 gebaute Bahnhofsgebäude befindet sich heute in Privatbesitz.

Die offizielle Wiederinbetriebnahme des Bahnverkehrs erfolgte am 11. September 2015.

Verwaltungsbezirk

  • 14./15. Jahrhundert: Herrschaft und Gericht Itter
  • 1567: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Herrschaft und Gericht Itter
  • 1585: Landgrafschaft Hessen-Marburg, Herrschaft und Gericht Itter
  • 1604: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Herrschaft und Gericht Itter
  • 1648/50: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Herrschaft Itter
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Amt Herrschaft Itter
  • 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Itter
  • 1820: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Herrschaft Itter
  • 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Vöhl
  • 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Biedenkopf
  • 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Vöhl
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Frankenberg (bis 1886 noch als Amtsbezirk/Verwaltungsamt Vöhl)
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Frankenberg
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Frankenberg
  • 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg, S. 244